Freitag, 25. Juni 2010

Der Ablasshandel mit Emissionszertifikaten

Man kann sich die Vergebung seiner Klimasünden erkaufen, indem man für die Menge an Kohlendioxid, die eine bestimmte von der allwissenden Regierung festgelegte Grenze überschreitet, Zertifikate erwirbt, die eine Reduktion der satanischen Treibhausgase durch Dritte bezeugen. So wird die eigene Sünde durch die wohlgefällige Tat anderer kompensiert und somit die Welt vor einem grausamen Wärmetod bewahrt.

Dieser religiöse Ritus von Buße und Vergebung ist gleichzeitig ein gutes Geschäft. Der Handel mit Karbon-Emissionsrechten ist heute der am schnellsten wachsende Markt der Weltwirtschaft. Seit 2005 sind unter dem Kyoto-Protokoll mehr als 300 Milliarden Dollar für Emissionsrechte ausgegeben worden. Große Banken wie Goldman Sachs, Barclays, und Citibank handeln mit Zertifikaten in London. Es ist eine neue, sehr profitable Industrie entstanden, die sich der Karbon-Emissionsminderung widmet und diese gute Tat zu gutem Geld macht, indem sie ihre Versprechungen zu Waren erklären, die einen Preis haben und verkauft werden können. Wenn es gelingen sollte, in den USA ein Emissionshandelssystem einzuführen, würde dieser Markt auf zwei Billionen Dollar pro Jahr explodieren.

Der Ablasshandel hat die Schaffung völlig neuer Berufe möglich gemacht. Es gibt nun die carbon developers, die meist im Auftrag von großen multinationalen Firmen die Welt bereisen, um Projekte zu finden, deren Karbonreduktionsversprechen man zu Geld machen könnte. Die carbon accountants haben die Aufgabe, die gemachten Versprechungen zu überprüfen und zu dokumentieren. Diese Gutachter nehmen eine Schlüsselstellung im System ein, denn von ihrem Urteil hängt es ab, ob eine Reduktionsversprechung zu Geld gemacht werden kann oder nicht.

Die UNO hat nach dem Clean Development Mechanism (CDM) erstmals das Recht, die Ausgabe von Wertpapieren, nämlich der Karbon-Emissionszertifikate, zu regulieren und zu überwachen. Es ist dies keine einfache Aufgabe, denn Treibhausgase werden nicht nur von Fabriken und Autos abgegeben, sondern sie entstehen an unzähligen Orten in der Natur, von verwesenden Organismen über den Stoffwechsel von Tieren und Pflanzen bis zu aktiven Vulkanen. Die Quellen und Senken des Kohlenstoffkreislaufes sind noch weitgehend unerforscht aber das hindert die Bürokraten nicht, seine globale Verwaltung zu übernehmen.

Von der UNO sind weltweit 26 Unternehmen, die sogenannten Designated Operational Entities (DOEs), auserkoren worden, die Versprechen auf Emissionsreduktion zu prüfen und während der Laufzeit der Projekte zu beglaubigen, dass die versprochene Reduktion tatsächlich stattfindet. Zwei Firmen beherrschen das "carbon-validation business": SGS Group und Det Norske Veritas (DNV). SGS wurde vor mehr als einem Jahrhundert in Frankreich gegründet, um das Gewicht und die Qualität des in Europa gehandelten Getreides zu überprüfen. Nach der Annahme des Kyoto-Protokolls weitete SGS seine Geschäftstätigkeit auf die Messung von CO2-Emissionen aus. Heute hat die Firma mehr als 100 "carbon-validators" in der ganzen Welt. DNV ist ein norwegisches Unternehmen, dessen Kerngeschäft ursprünglich in einer Inspektions- und Gutachtertätigkeit für das Transportgewerbe bestand. Andere große DOEs sind die Buchhaltungsfirma Deloitte Touche Tohmatsu, der Transportversicherer Lloyd’s Register und der deutsche TÜV Süd.

Es gibt circa 2.000 CDM-Maßnahmen weltweit, die sich auf 58 Staaten aufteilen. Bei jedem dieser Projekte, sei es nun ein Wasserkraftwerk in Indien, eine Gruppe von Windkraftanlagen in Marokko, oder ein Methan-Sequestrierungsversuch in Brasilien, soll ein mehrstufiger Prüfungsprozess sicherstellen, dass damit auch wirklich eine Reduzierung der angeblich so schädlichen Treibhausgase erreicht wird. Nachdem sich Investoren auf ein möglichst lukratives Objekt geeinigt haben, heuern sie eine DOE an, um von ihr die mögliche Emissionsminderung einschätzen zu lassen. Die DOE stellt dann einen Bericht zusammen, in dem sie sowohl die gegebene Emissionsmenge als auch die bei der vorgeschlagenen Technologie ihrer Meinung nach mögliche Emissionsminderung schätzt. Dieser Bericht geht an den U.N. Executive Board, der ihn prüft und beurteilt. Bei einer Zustimmung des Boards gilt das Projekt als validated und die entsprechenden Zertifikate können auf dem Markt als eine Art Terminkontrakt platziert werden.

Diese politisch geschaffenen Wertpapiere dürfen gehandelt, aber noch nicht zur Kompensation von tatsächlichen Emissionen benutzt werden. Das kann erst nach Monaten oder sogar Jahren geschehen, nachdem wiederum eine DOE bestätigt hat, dass die versprochene Emissionsreduzierung wirklich stattgefunden hat. Wenn dies erfolgt ist, bezeichnet man die Zertifikate als Certified Emission Reductions (CERs) und sie können nun zur Kompensation von Emissionsgrenzüberschreitungen eingesetzt werden. Sowohl während der Einschätzungs- als auch der Prüfungsphase ist die DOE, abgesehen vom Investor, die einzige Kontrollinstanz, welche die Projektanlagen aufsucht und in Betrieb sieht.

Ein wesentliches Kriterium bei der Beurteilung eines CDM-Projektes ist die Frage, ob es ohne das Kapital, das durch den Verkauf der Emissionszertifikate eingenommen wird, durchgeführt worden wäre. Um zu zeigen, dass die zu zertifizierende Emissionsreduktion nicht auch ohne den CDM-Mechanismus erfolgen würde, haben die Projektentwickler nachzuweisen, dass die geplante emissionsärmere Technologie in dem betreffenden Wirtschaftszweig nicht allgemein benutzt wird und dass der Wechsel zur neuen Technologie nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Darüber hinaus müssen die Projektentwickler beweisen, dass ihr Vorhaben ohne die Einnahmen aus dem Zertifikateverkauf wirtschaftlich nicht realisierbar wäre und dass Dokumente vorliegen, die entsprechende Überlegungen der Investoren belegen.

All das soll durch die DOEs geprüft und bestätigt werden, die damit vor eine nahezu unlösbare Aufgabe gestellt werden, denn viele der geforderten Annahmen sind nicht objektiv nachprüfbar. Wirtschaftlich pervers ist das Eingeständnis der CDM-Konstrukteure, dass sie bewusst nur Projekte fördern, die unter Marktbedingungen unwirtschaftlich wären. Das ist eine planmäßige Vernichtung volkswirtschaftlicher Ressourcen.

In der Praxis befürworten die DOEs viele Projekte, welche die oben genannten Kriterien nicht erfüllen. Es kommt also zu Mitnahmeeffekten, bei denen findige Investoren CDM-Mittel für Projekte kassieren, die sowieso durchgeführt worden wären. Man schätzt, dass bei mindestens 40% der genehmigten Vorhaben dies der Fall ist.

Außerdem sind die angegebenen Emissionsreduktionen meistens übertrieben. Selbst das IPCC der UNO geht davon aus, dass die Fehlerrate bei ihrer Einschätzung in der Zement- und Kunstdüngerindustrie 10%, in der Erdöl-, Erdgas- und Kohlewirtschaft 60%, und in einigen landwirtschaftlichen Bereichen sogar 100% beträgt. Das Government Accountability Office des US-Congress hat auf Grund dieser Erfahrungen festgestellt, dass ein Emissionshandelssystem "may not be a cost-effective model for achieving emission reductions."

In dem hoch spezialisierten neuen Wirtschaftszweig der Prüfung und Beglaubigung von Emissionsreduktionen wissen ungefähr 1.000 Beschäftigte, wie die alles entscheidende Gutachtertätigkeit vor Ort abläuft. Diese kleine Gruppe entscheidet über den Fluss von Millarden an CDM-Geldern und es ist offensichtlich, dass es hierbei Interessenskonflikte gibt. Die Projektentwickler wählen die Gutachter für ihre Vorhaben aus und bezahlen sie für ihre Dienste. Die DOEs stehen untereinander in Wettbewerb um Aufträge der Investoren. Man kann sich ausrechnen, wie gut die Beauftragungschancen einer DOE sind, die Projekte in der Vergangenheit negativ beurteilt hat.

Die Projektentwickler sind meistens nicht kleine lokale Investoren, sondern es handelt sich hierbei um weltweit operierende multinationale Unternehmen, wie z. B. das Finanzhaus JP Morgan Chase, dem mit Eco-Securities der weltgrößte Entwickler gehört; oder die Großbank Goldman Sachs, die einen erheblichen Anteil an Blue Source besitzt, dem größten US-Projektentwickler. Diese Investoren haben nicht nur über die Auftragsvergabe Einfluss auf die DOEs, sondern auch über vielfache personelle und finanzielle Verflechtungen mit den formell unabhängigen Gutachtern.

In diesem undurchschaubaren Interessengewirr versucht die UNO-Bürokratie mehr Macht für sich zu gewinnen. Der U.N. Executive Board hat seit 2005 seine CDM-Belegschaft verfünffacht und behauptet von sich, die Berichte der DOEs genau zu prüfen. In den Jahren 2008 und 2009 waren die beiden größten DOEs, SGS und DNV, für insgesamt 9 Monate wegen entdeckter Unregelmäßigkeiten von der UNO suspendiert worden. Diese beiden Unternehmen begutachten insgesamt zwei Drittel aller Reduktionsprojekte in den Entwicklungsländern.

Es gibt im CDM-Regelwerk keine Möglichkeit Emissionszertifikate, die auf falschen Versprechungen beruhen, zu annullieren. Unter diesen Umständen sind bereits viele Milliarden für Projekte ausgegeben worden, die nicht einmal die Gläubigen der AGW-Religion rechtfertigen können. Aus der Fülle der Beispiele sei hier nur eines genannt.

Kardinal Paul Poupard stand unter einem Bild, das Jesus bei der Heilung eines blinden Mannes zeigt, als er im Blitzlichtgewitter der Fotografen im Vatikan im Sommer 2007 eine goldgerahmte Urkunde in Empfang nahm, die erklärte, dass der päpstliche Herrschaftsbereich nunmehr der erste karbonneutrale souveräne Staat der Welt sei. Der Heilige Stuhl hatte sich Emissionszertifikate von der Firma KlimaFa schenken lassen und der glückliche Kardinal sagte dazu in seiner Stellungnahme: "The Vatican will do its small part in contributing to the elimination of polluting emissions … threatening the survival of this planet."

Doch daraus wurde nichts, denn die von KlimaFa (ungarisch: Klimabäume)vorgesehene Anpflanzung von Bäumen bei dem Dorf Tiszakeszi in der ungarischen Tiefebene fand nie statt, weil die Firma im Dezember 2007 ihre Geschäftstätigkeit einstellte. Sie war vorher wegen eines dubiosen Vorhabens, nämlich dem Ausstreuen von 50 bis 100 Tonnen Eisenstaub im Südpazifik zur Förderung des dortigen Algenwachstums, bereits heftig kritisiert worden. Der Vatikan zeigte sich enttäuscht und einer seiner Sprecher erklärte: "The case is being studied to take legal action in order to defend the Vatican’s reputation." Er scheint nicht begriffen zu haben, wodurch das Ansehen des Vatikans wirklich beschädigt wurde. Sogar die Institution, von der sich Millionen Gläubige moralische Führung erwarten, hat sich einer anderen Religion unterworfen. Es wäre angemessener gewesen, wenn sich Kardinal Poupard bei Entgegennahme der Emissionszertifikate unter ein Bild von Albert Gore gestellt hätte.