Montag, 4. Oktober 2010

Geschichte des Liberalismus

Das Liberale Institut in Zürich hat verdienstvollerweise eine PDF-Version des Buches Die Partei der Freiheit: Studien zur Geschichte des deutschen Liberalismus von Ralph Raico zum Download bereit gestellt. Die gedruckte Ausgabe des Buches ist 1999 im Verlag Lucius und Lucius, Stuttgart, in der Reihe Schriften zur Wirtschaftspolitik, Bd. 7, ISBN 3-8282-0042-7, veröffentlicht worden.

Ralph Raico ist Professor für europäische Geschichte an der State University of New York. Er hat in den 1960er-Jahren unter Betreuung von Friedrich von Hayek seine Dissertation an der Universität von Chicago geschrieben. Er war Herausgeber der New Individualist Review und übersetzte Schriften von Hayek und Ludwig von Mises ins Englische.

Der Autor beschreibt sehr faktenreich die Entwicklung des deutschen Liberalismus von seinem Ursprung im 18. Jahrhundert bis zum 1. Weltkrieg. Die Studie führt schmerzhaft vor Augen, welch tiefen Niedergang der Liberalismus seit seinem Höhepunkt im 19. Jahrhundert erfahren hat. Die Lektüre des Buches empfiehlt sich allen, die diesen Prozess verstehen wollen.

Der folgende Auszug aus Seite 170 des Werkes bezieht sich auf Ludwig Bamberger (1823-1899), einen der bedeutendsten Liberalen im Reichstag:

"Bamberger, der den Vorzügen der Demokratie viel skeptischer gegenüberstand als [Eugen] Richter, war der Auffassung, daß es bei allgemeinem Wahlrecht ständige Agitation unter den Armen und den arbeitenden Klassen fur vermehrte Wohltaten geben werde, während 'weniger zu geben, zurückzukommen, das würde schier unmöglich sein.' (SBR, 1889, S. 1837) Mit Schärfe forderte Bamberger seine Kollegen im Reichstag auf, sich eine Wählerversammlung während des Wahlkampfes vorzustellen: Wer würde dem Druck widerstehen können, in das Bekenntnis einzustimmen 'es ist wenig, wir müssen sehen, mehr zu gewähren'? ... Für seinen Teil konnte Bamberger kein logisches Ende der Wohlfahrtsgesetzgebung erkennen, sobald sie erst einmal grundsätzlich angenommen war. Die der Wählerentscheidung unterworfene Politik würde dafür sorgen, daß sich die Wohltaten astronomisch vermehrten. Die Vorstellung, daß das Vermögen der 'Reichen' - der etwa 8.000 Individuen in Deutschland, deren Jahreseinkommen 20.000 Mark überstieg - genügen würde, all diese nationalen Programme zu finanzieren, sei absurd: 'die massenhaften Bedürfnisse des Staates [können] nur aus den Massen bestritten werden.' (Bamberger, SBR, 1881a, S. 680f.) Daher würden die Steuern für jedermann steigen müssen, und, unheilvoller noch, Schulden würden sich anhäufen, mit denen künftige Generationen klarkommen müßten. Zuletzt würde es eine Nichtanerkennung der Schulden geben - in Form der Inflation. Hinter den Sozialversicherungsentwürfen sah Bamberger 'das Papiergeld' und am Ende 'die Assignatenwirtschaft.' (SBR, 1884a, S. 56)"

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