Dienstag, 26. Oktober 2010

Wohin gehen unsere Steuern?

Was machen die Politiker mit den Milliarden, die sie von uns eintreiben? Auf Bundesebene könnte man auf der Website des Bundesfinanzministeriums nachsehen, wo man die Zahlen der Einzelpläne in unzähligen PDF-Dateien vorfindet, die schlecht überschaubar und im Grundsatz nicht maschinell lesbar sind. Ein normaler Bürger hat nicht die Zeit, sich durch die über tausend Seiten der offiziellen Dokumentation des Bundeshaushalts zu kämpfen.

Einen leichteren Zugang zum Zahlenwerk der Staatsausgaben strebt die Entwicklergruppe Tactical Tools mit ihrem Projekt Offener Haushalt an, das die die komplexen Daten des Bundeshaushalts in einer dreistufigen Baumstruktur erschließt und sie in den offenen Datenformaten JavaScript Object Notation (JSON) und Extensible Markup Language (XML) zugänglich macht. So können die Daten in Tabellenkalkulationen oder andere Auswertungsprogramme übernommen werden, um Strukturen und Beziehungen aufzuzeigen und zu visualisieren.

Die Navigation auf der Plattform folgt der institutionellen Gliederung des Haushaltsplans. Sie besteht aus vier Ebenen, von denen drei auf Offener Haushalt dargestellt werden:


  1. Einzelpläne sind die gröbste Gliederungsebene. Sie umfassen die Ministerien und Verfassungsorgane (wie Bundesministerium der Verteidigung, Bundesverfassungsgericht).

  2. Die inhaltlich zusammenhängenden Haushaltsposten der jeweiligen Einzelpläne werden auf dieser Ebene in Kapitel zusammengefasst. Die untergeordneten Behörden und Einrichtungen eines Einzelplans sind hier ebenfalls aufgeführt.

  3. Auf der untersten Ebene findet sich die Aufteilung der Ausgaben auf die einzelnen Kostenstellen, die man alsTitel bezeichnet. Gleichartige Titel werden in Titelgruppen zusammengefasst.



Auf der Plattform hat jeder Haushaltsposten eine eigene Internetadresse (URL). Dadurch lässt er sich verlinken, als Lesezeichen speichern und so referenzieren. Die Nutzer der Plattform können jeden Haushaltsposten kommentieren und es ist geplant, in einem Wiki gemeinsam weitere Informationen zu den Posten zu sammeln.

Das hier vorgestellte Projekt ist sicher ein löblicher Schritt in die richtige Richtung, aber es wird gerade hierbei sichtbar, wie beschränkt die Informationsmöglichkeiten des Bürgers sind. Nehmen wir z. B. den Einzelplan Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt mit Ausgaben in Höhe von € 1.853.440.000 (alle Zahlen Haushaltsjahr 2010), gehen dort zu Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, der mit € 1.011.760.000 insgesamt 54,59% der Einzelplans Bundeskanzleramt ausgibt und sehen uns dort die gößte Titelgruppe Zuschuss an die Rundfunkanstalt "Deutsche Welle" an, die € 259.938.000 und damit 25.69% des Haushalts des Kulturbeauftragten erhält. Mehr als diese globale Zahl erfährt man kaum, auch wenn man direkt zum Bundesfinanzministerium geht, und dessen PDF-Daten einbezieht.

Eine sinnvolle Kontrolle der Mittelverwendung ist so nicht möglich. Aber vielleicht sind die kleinen Titelgruppen aussagefähiger? Tatsächlich ist einiges von Interesse darunter zu finden, wie der Titel Reisen in Angelegenheiten der Personalvertretungen und der Gleichstellungsbeauftragten sowie in Vertretung der Interessen schwerbehinderter Menschen in Höhe von € 117.000 oder der Zuschuss an den Zentralrat sowie das Dokumentationszentrum Deutscher Sinti und Roma von 1.768.000.

Was sich hinter der Titelgruppe Förderung deutscher Künstler im Ausland in Höhe von € 3.495.000 verbirgt, kann man ahnen, wenn man die betreffende Seite des Ministeriums konsultiert, wo wir erfahren, dass die Villa Massimo in Rom € 2.440.000 erhält, unter anderem aber auch die Villa Romana in Florenz, die Villa Aurora in Los Angeles und die Villa Tarabya in Istanbul reichlich mit Steuermitteln bedacht werden. Das ist zweifellos gut angelegtes Geld, denn man erfährt auf der Website der Villa Massimo: "In der Villa Massimo stehen den zehn Stipendiaten großzügige Wohn-Ateliers in einem weit angelegten Park mit beeindruckendem altem Baumbestand zur Verfügung." Für einen so edlen Zweck ist es natürlich gerechtfertigt Schulden aufzunehmen, die zur Zeit um € 3.527 je Sekunde wachsen.

Keine Kommentare: